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Testbereich

Akute Pankreatitis
Lektion

Akut auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse

Häufigkeit:

  • ca. 20/100 000 pro Jahr in Deutschland
  • m > w

Ursachen:

  • Hauptursache: Gallensteine mit Verlegung des Ductus choledochus im
    Bereich der Papilla vateri (ca. 40%)
  • Alkoholabusus (35%)
  • Sonstige Ursachen (15%)
  • Idiopathisch (10%)

Am häufigsten wird eine akute Pankreatitis durch Gallensteine verursacht, die
den D. choledochus im Bereich der Papilla vateri verlegen. Infolge dessen
kommt es zu einer vorzeitigen Aktivierung von Pankreasenzyme und einer
Selbstandauung (Autolyse) der Bauchspeicheldrüse.
Erst an zweiter Stelle steht der Alkoholabusus. Über welche Dauer dieser in
erhöhter Menge oder welche Mengen überhaupt konsumiert werden müssen,
damit eine akute Pankreatitis resultiert, ist nicht bekannt.

Beachte für die Prüfung! Bei der chronischen Pankreatitis ist der Alkohol mit
ca. 80% der Hauptverursacher! Hier rangiert er „nur“ an Platz 2 der Ursachen!

In immerhin 10% der Fälle findet sich keine erkennbare Ursache. Folglich
handelt es sich hier um eine idiopathische Pankreatitis. Um die Diagnose einer
„idiopathischen akuten Pankreatitis“ stellen zu können, müssen im Vorfeld
selbstverständlich alle anderen möglichen auslösenden Faktoren
ausgeschlossen worden sein!

Zu den 15% „Sonstigen Ursachen“ gehören:

  • Medikamente: Diuretika, ACE-Hemmer, Östrogene, Glukokortikoide,
    NSAR, Antibiotika,….
  • Hereditäre Pankreatitis (autosomal-dominant vererbt)
  • Virusinfekt (Mumps!, virale Hepatitis, HIV) – Primärer Hyperparathyreoidismus
  • Traumen im Bauchraum – Ulcus duodeni/ventriculi, übergreifend auf Pankreas („kissing ulcera“)
  • Hyperkalziämie
  • Hypertriglyzeridämie (>1000mg/dl)
  • Autoimmunpankreatitis – Wurminfektion mit Ascariden
  • Pankreas divisum (angeborene Fehlbildung, siehe -> Pankreas divisum)
  • Ꙭ Idiopathisch nach ERCP (endoskopische retrograde
    Cholangiopankreatikographie)

Pathomechanismus:
1. Auch wenn die Liste möglicher auslösenden Faktoren vielfältig ist, kommt es
bei allen in der Regel initial immer zuerst zu einer ödematösen Schwellung des
Pankreasgewebes. Es entwickelt sich eine „akute interstitielle ödematöse
Pankreatitis“.

2. Als Folge des Ödems kommt es zur Zellschädigung und somit zur Freisetzung
von Enzymen, die die Bauchspeicheldrüse produziert und normalerweise über
ihre Ausführungsgänge an den Dünndarm abgibt. Physiologischerweise werden
sie dort aktiviert und verrichten ihre Verdauungsleistung im Darm. Bedingt
durch die Zellschädigung kommen diese Enzyme jedoch mit dem Parenchym
der Bauchspeicheldrüse in Kontakt, werden vorzeitig aktiviert und führen zur
Selbstandauung (Autolyse) des Pankreasparenchyms. Da das Parenchym der
Bauchspeicheldrüse aus Eiweißen besteht, spielen hierbei die eiweißspaltenden
Enzyme Trypsin und Chymotrypsin eine wichtige Rolle.

3. Ꙭ Trypsin aktiviert darüber hinaus andere Enzyme wie Elastase (->
blutungsfördernd), Kallikrein, Phospholipase A, die ebenfalls zum
Krankheitsgeschehen beitragen.
Phospholipase A bewirkt die Umwandlung von Lezithin in das zelltoxische
Lysolezthin, das zur Entzündung des Gewebes und weiterer Zellschädigung
beiträgt.
Kallikrein bewirkt die Freisetzung von gefäßerweiterten Kininen.
(Ꙭ Punkt 3 enthält durchaus wissenswerte Fakten, die jedoch aus unserer
Sicht, für den HP nicht prüfungsrelevant sind.)

4. Durch die Zellschädigung werden zudem sog. „Kinine“ freigesetzt. Diese
lösen Schmerzen aus und bewirken eine Vasodilatation (Schockrisiko!)
In ca. 80% der Fälle bleibt es bei der Entwicklung einer akuten interstitiellen
ödematösen Pankreatitis. Diese hat eine günstige Prognose und heilt in der
Regel komplett aus.

In ca. 15-20% der Fälle entwickelt sich jedoch eine nekrotisierende
Pankreatitis. Hierbei verschlechtert sich die Prognose dramatisch. Im Falle
einer Teilnekrose beträgt die Letalität ca. 15% und erhöht sich mit
fortschreitender Nekrotisierung.
Die Nekrose wird einerseits durch die Enzyme Trypsin und Chymotrypsin aber
auch durch die Aktivierung von Lipase hervorgerufen. Aktivierte Lipasen
bewirken eine Nekrose des Fettgewebes, welches die Bauchspeicheldrüse
umgibt.

Klinik:

  • Leitsymptom: In 90% der Fälle akuter Start mit stärksten Bauchschmerzen.
    Die Bauchschmerzen werden als „gürtelförmig“ beschrieben, da sie wie ein
    Gürtel um den Leib ziehen. Sie strahlen dabei nach allen Seiten aus.

Beachte: Obwohl das Pankreas im Oberbauch und nicht im Thorax liegt,
verursacht eine akute Pankreatitis trotzdem „retrosternale“ Schmerzen. Die
akute Pankreatitis zählt daher zu den DDs des akuten Myokardinfarktes!

  • Übelkeit, Erbrechen (85%)
  • Fieber (50%) (es handelt sich schließlich um eine Entzündung!)
  • Meteorismus (80%)
  • Elastische Bauchdecke (Gummibauch). Verursacht durch eine
    Abwehrspannung in Kombination mit dem Meteorismus.
  • Gesichtsröte (Kinine erweitern die Gefäße) – Subparalytischer Ileus (reflektorisch durch starke Schmerzen und Reizung
    des Peritoneums)
  • Aszites (Reizung des Peritoneums und Kinine)
  • Pleuraerguss – Hypotonie (Volumenmangel durch Erbrechen, Kinine, Aszites)
    Ikterus (20%) durch Pankreasödem oder Gallensteine als Verursacher der
    akuten Pankreatitis.
  • EKG-Veränderungen
  • Cullen-Zeichen und Grey-Turner-Zeichen (1%): selten auftretende
    Hautzeichen. Treten diese auf, deuten sie auf eine ungünstige Prognose
    hin. Grund: Sie entstehen durch Einblutungen im Nekrosebereich der
    Bauchspeicheldrüse.

Cullen-Zeichen: bläuliche Hautflecken um den Bauchnabel
(periumbilikal).
Grey-Turner: bläuliche Hautflecken im Flankenbereich.

Komplikationen:
Die akute Pankreatitis ist ein Notfall. Es können sich infolge der Entzündung
eine Reihe lokaler wie systemischer Komplikationen entwickeln.

Lokal:

      • Infektion nekrotischer Zonen -> Pankreasabszess und Sepsis
      • Pseudo-Zysten-Bildung (siehe unten -> Einschub)

Systemisch:

      • Verbrauchskoagulopathie (DIC)
      • Hypovolämischer Schock (Aszites, Erbrechen, Kinine, Blutungen)
      • Akutes Nierenversagen (Hypovolämie!) – Milzvenen- und Pfortaderthrombose
      • Herzrhythmusstörungen – Paralytischer Ileus
      • Insulinmangeldiabetes durch Versagen der endokrinen Funktion ->
        Hyperglykämie
      • Hypokaliämie (durch Erbrechen -> Herzrhythmusstörungen)
      • Hypokalzämie (Ꙭ durch die entzündungsbedingte Freisetzung von
        Fettsäuren wird Kalzium irreversibel gebunden -> Verseifungsprozesse)

Ꙭ Für die Chemie-Freaks! Hilft beim Verständnis!!!
Einschub Verseifung: Unter Verseifung, synonym Saponifikation
(franz. Sapon = Seife), versteht man eine chemische Reaktion,
bei der es zur Hydrolyse eines Esters (in diesem Falle der
Fettsäuren) durch die wässrige Lösung einer basischen Substanz
(hier die Calcium-Verbindung) kommt. Diese Reaktion ist
irreversibel. Als Produkte der Reaktion treten ein Alkohol und
das entsprechende Salz der Säure (hier ein Calciumsalz der
Fettsäure) auf.

Ꙭ Einschub Pseudozysten: Bildung einer oder mehrerer Zysten, die mit
dem Pankreasgang in Verbindung stehen. Da die Wand nicht mit
Endothel ausgekleidet ist, spricht man von Pseudozysten und nicht von
Zysten. Pankreaspseudozysten entstehen meist als Komplikation der
akuten oder chronischen Pankreatitis. Sie entstehen durch Sekretaustritt
oder durch einen Trypsin-verursachten Gewebezerfall. Die Häufigkeit
ihres Auftretens wird bei akuter Pankreatitis mit ca. 10 % und bei der
chronischen Pankreatitis mit bis zu 20 % angegeben.
Pankreaspseudozyste werden über bildgebende Verfahren diagnostiziert
(Sonografie und CT).

Diagnostik:

  • Anstieg der Amylase und Lipase i.S.
    Die Lipase steigt meist um das mindestens 3-fache an. Erhöhungen der
    Lipase unterhalb des 3-fachen Normwertes sind nicht Pankreatitis-
    verdächtig.

Beachte: Die Lipase ist ein pankreasspezifischer Wert. Die Amylase hingegen
nicht. Amylase wird auch von der Ohrspeicheldrüse produziert und kann im
Serum auch durch Erbrechen oder Entzündung der Parotis erhöht sein.

  • Anstieg der Elastase i. S. (Pankreasenzym)
  • Leukozytose, CRP ↑
  • Ultraschall und CT zur Ermittlung des Ausmaßes der Organschädigung
  • GGT, aP und Bilirubin direkt i. S. ↑bei Gallenstein-bedingter Pankreatitis
  • Ev. Verschlechterung der Nierenwerte

Prognose:
Die Prognose korreliert mit dem Ausmaß der Zellschädigung. Bleibt es bei einer
ödematösen Veränderung, also einer rein „akute interstitiellen ödematösen
Pankreatitis“, so ist die Prognose sehr gut. Im Falle der „akut nekrotisierenden
Pankreatitis“ verschlechtert sich die Prognose entsprechend dem Ausmaß der
Nektrotisierung. Die Prognose ist umso schlechter, je stärker die
Gewebsnekrose voranschreitet!

Tabelle: Übersicht der akuten Pankreasformen

  Auftreten  Prognose 
Akut interstitielle ödematöse Pankreatitis  80-85% Letalität 0%
Akut nekrotisierende Pankreatitis  15-20%

Letalität je nach Ausmaß der Nekrose: Teilnekrose: ca. 15%
Totalnekrose: bis >50%

Beachte: Das Ausmaß der Erhöhung des Lipase-Wertes i. S. liefert keinen
Hinweis bzgl. der Schwere und somit der Prognose der akuten Pankreatitis.

Die Prognose der akuten Pankreatitis wird anhand des Calcium-Wertes im
Blut, den Werten LDH, CRP, Laktat i. S. und dem Blutzuckerwert gestellt.
Anhand dieser Werte kann man sehr gut das Ausmaß der Nekrotisierung
bewerten, die letztlich die Prognose bestimmt.

Eine schlechte Prognose korreliert mit:

  • einer starken Absenkung des Calcium-Wertes i. S < 2 mmol/l
  • CRP >120mg/dl – LDH-Anstieg i. S.
  • Laktat i. S.
  • Hyperglykämie
  • Ꙭ Atlanta-Klassifikation zur Einteilung des Stadiums der akuten
    Pankreatitis: wird anhand der klinischen Symptomatik, der Enzymwerte
    im Serum und den Ergebnissen der bildgebenden Diagnostik gestellt.

Therapie:

  • 112! Klinikeinweisung. Je nach Schwere intensivmedizinische
    Überwachung.
  • In schweren Fällen vorübergehende Nahrungskarenz. In leichteren Fällen
    hingegen nicht. Es besteht kein generelles Verbot zur oralen
    Nahrungsaufnahme. Eine zu lange parenterale Ernährung erhöht das
    Risiko für eine Infektion des Organs.
  • Volumensubstitution
  • Analgetika
  • Antibiose zur Infektprävention
  • Thromboseprophylaxe (DIC!)
  • Ev. Entfernung von Steinen im Ductus choledochus